Einleitung: Was kann ich im direkten Umfeld machen? (Freundschaft, Nachbarschaft, Verein, Ehrenamt)
Viele Geschichten, die Menschen mit uns geteilt haben, behandeln schwierige Momente, die sie im sozialen Umfeld erlebten. Hier wird das „Sag was!“ davon beeinflusst, wie gut man einander kennt, wie oft man miteinander zu tun hat, wie wichtig das ist, was abgestimmt wird, und wie belastend die Beleidigung für einen selbst ist.
Einige Menschen meinten, bei Freund*innen verhalten sie sich weniger nachtragend als in der Familie oder allgemeinen Öffentlichkeit. Bei Freundschaften übergehen sie solche Bemerkungen: „Lisa ist halt so, sie wird sich nie ändern.“ Mit dieser Einstellung redest du dich heraus, du vermeidest ein Risiko einzugehen. Gib dir Mühe etwas zu sagen. Sei mutig! Wovon lässt du dich abhalten, etwas zu sagen?
Gruppen definieren sich zum Beispiel nach Ethnie, Gender, sexueller Orientierung oder Religion. Einige wiesen darauf hin, dass das, was sie innerhalb ihrer eigenen Gruppe zu diesen Merkmalen zu einander sagen, oft intoleranter und vorurteilsbehafteter ist, als das, was außerhalb dieser Gruppe zu ihnen gesagt wird.
Erlaubst du solchen Entwürdigungen, sich uneingeschränkt in deiner Gruppe zu etablieren? Welches Zeichen setzt du damit? Wie verhält sich dein Schweigen zu deinen Werten?
„Damit legen unsere Ergebnisse den Schluss nahe, dass die Nachbarschaft ein guter Ort ist, an dem Menschen, die Vielfalt nur in einem geringen Maß akzeptieren, einen konstruktiven Umgang mit ihr erlernen können.“
Vielfaltsbarometer 2019, S. 98, Robert Bosch Stiftung
Erlebnisse & Inspirationen
Was mache ich bei Einladungen?
Erlebnisse
- Ein Mann aus Rüsselsheim: „Ich bin ziemlich arm aufgewachsen, konnte dann aber eine Uni besuchen. Eine Kommilitonin bekam Besuch von ihrer reichen Familie. Sie lud mich zu einem Mittagessen mit ihnen ein. Wir gingen zum schicksten Restaurant, das ich jemals besucht hatte.
Als die Vorspeisen serviert wurden, kam ein Kellner und brachte eine stoffumwickelte Platte – wie ich später herausfand, mit gekühlten Gabeln. Ich wollte dem Kellner die Platte abnehmen und streckte ihm meine Arme entgegen. Das Gelächter der Familie meiner Freundin zeigte mir, dass ich einen größeren Fehltritt begangen hatte. Ich hätte mir einfach nur eine Gabel nehmen sollen, damit der Kellner mit dem Tablett zur nächsten Person weiter gehen könnte.
Ich habe mich für den Rest des Essens geschämt und mich vor der nachfolgenden Stadtbesichtigung verabschiedet. Auf dem Weg zurück ins Studentenheim musste ich immer wieder daran denken, wie sie mich ausgelacht hatten. Das können keine guten Manieren gewesen sein.“
- Andere erzählten von ähnlichen Erlebnissen bei Veranstaltungen, auch wo Worte wie „Hinterwäldler“, „Landei“ oder „Pomeranze“ in „witziger“ aber unangenehmer Art verwendet wurden.
Sag was!
Je größer gesellschaftliche Ereignisse sind, desto mehr kommen wir mit Menschen in Kontakt, die anders sind als wir selber. Sie sind aus diesem Grund ein breiter Boden für kulturelle Missverständnisse und vorurteilsbehafteten „Humor“.
Inspirationen
Hilf mit. Hilf der anderen Person, die wertvollen Potenziale von Vielfalt zu erkennen.
Frage. Ein einfacher Kommentar – „Entschuldigung; was ist so lustig?“ – kann die Unhöflichkeit oft schon ausbremsen. Oder sei spezifischer: „Tut mir leid. Ich verstehe nicht. Was meinen Sie mit ‚Landei‘? Können Sie mir diesen Begriff erklären?“ Vielleicht erkennt die sprechende Person während der Suche nach einer Antwort von ganz allein, wie unangemessen die Verwendung des Begriffs war.
Mach es sichtbar. Frage „Verhalten Sie sich gerade höflich?“
Witz-Spiegel das Vorurteil (mit humorvoller Stimme) „Hast du türkische Wurzeln? Ich esse total gerne Döner.“ – „Hast du deutsche Wurzeln? Ich esse jeden Tag Blutwurst.“ Oder „Du bist aus dem Iran? Ich kenne eine, die heißt Shirin, kennst du die?“ – „Ach, du bist aus Deutschland? Ich kenne einen, der heißt Klaus. Kennst du den?“
Spiele Neugierde-Judo und lenke in eine andere Richtung. Bei Fragen wie: „Warst du schon immer behindert?“ „Wie nennst du deine Behinderung?“ „Was sind das für Narben an deinem Hals?“ lenke die Neugierde auf das passende Thema: „Wie wäre es, sich zum Einstieg mal über Lieblingsserien, Freizeitaktivitäten oder den gemeinsamen Freundeskreis zu unterhalten?“ oder „Angenommen ich nenne dir jetzt einen lateinischen Diagnosebegriff. Wie viel mehr Wissen hast du dann über mich und meine Lebenssituation? Wie wäre es, wenn du mich … fragst?“
Wende dich an die Gastgeber*innen. Menschen, die Gäste für Feiern zusammen bringen, stehen ihren Gästen meistens nahe. Bitte die Gastgeber*innen, angreifende „Witze“ und kulturell mit Vorurteilen beladene Aussagen einzudämmen. Im Fall oben hätte der Mann aus Rüsselsheim sofort seine Freundin fragen können, was der Anlass für die Belustigung sei. Oder sie etwas später zur Seite nehmen und mit ihr sprechen können. Diese hätte das Thema mit ihrer Familie ansprechen können.
Beobachte die Gestik von anderen. Zuckte eine andere Person zusammen, als der Kommentar gemacht wurde? Wenn ja, sprich sie an, wie gut sie die Person mit den Vorurteilen kennt. Könnte sie die Person später ansprechen?
Was mache ich, wenn ich Gäste vor den Kopf gestoßen habe?
Erlebnisse
- Ein Freund übernachtet bei einem Paar. Alle drei waren früher in ihrer Studienzeit oft zusammen in der Kneipe. Als der Gastgeber ihm an dem Abend ein Bier anbietet, lehnt er höflich ab. Am nächsten Morgen bietet der Gastgeber dem Gast einen Kaffee an. Wieder lehnt der Gast ab. Der Gastgeber fragt belustigt „Bist du Alkoholiker oder Mönch geworden, oder was?“
Der Gast erklärt, ja, seit dem Studium hat er sein Leben geändert und ist buddhistischer Mönch geworden. Die dritte Person sagt „Er ist ein so netter Kerl (der Gast), er hat den Gastgeber nicht zu Recht gewiesen, sondern alles sachlich erklärt.“
Sag was!
Wenn wir andere zu uns einladen, bieten wir ihnen mehr als ein Zimmer und eine Mahlzeit. Wir umgeben unsere Gäste mit unseren Gewohnheiten, unserem Glauben und unseren Bräuchen. Erweitere deine Gastfreundschaft dadurch, dass du versuchst, die kulturellen Gepflogenheiten der Gäste zu verstehen.
Inspirationen
Sei pro-aktiv. Frage deine Gäste im Vorfeld, ob sie irgendwelche speziellen Ernährungsweisen pflegen oder andere Bedürfnisse haben. Teile ihnen auch mit, welche speziellen Bräuche ihr in deinem Haushalt pflegt, die sich auf sie auswirken.
Sei aufmerksam. Wenn wir Hinweise verpassen oder ignorieren, können wir in peinliche Situationen geraten. Versuche Feinheiten in der Kommunikation zu bemerken. Zum Beispiel könnte ein kurzes Zögern des Gastes ein Hinweis darauf sein, dass etwas anderes besser passen würde, aus Höflichkeit aber nicht angesprochen wird.
Beschreibe Verhalten, unterlasse Interpretationen. Stelle Fragen mit dem Schwerpunkt auf dem beobachteten Verhalten und nicht basierend auf deinen Interpretationen. „Martin, als wir im Studium waren, hast du Alkohol getrunken. Hast du damit aufgehört?“ Auf diese Weise wird das Gespräch eher geöffnet.
Nimm Informationen wörtlich. Wenn ein Mensch etwas ablehnt, biete etwas anderes an – ohne Beurteilung oder Rückschlüsse. „Möchtest du lieber einen Saft?“ Oder „Wir haben auch Milch und Limo- möchtest du davon etwas?“ Sei freundlich. Versuche zu gefallen, nicht zu urteilen.
Übernimm Verantwortung. Wenn du doch etwas Dummes sagst, warte nicht, bis der andere dir zuvorkommt. Mach es wieder gut, so schnell und aufrichtig wie möglich: „Da habe ich echt was Taktloses gesagt. Tut mir Leid.“
Wie reagiere ich auf herabwürdigende Bemerkungen im Freundeskreis?
Erlebnisse
- Ein Schweizer möchte eine Ecuadorianerin heiraten; sein Freundeskreis trifft falsche Vermutungen zu ihrem Familienhintergrund. „Die Frage, die immer kam war ‚Haben Julias Eltern was dagegen?‘ Wenn wir wissen möchten, warum sie diese Frage stellen, bekommen wir gesagt, dass ‚Indianische Familien‘ es gerne mögen, wenn ihre Töchter in den eigenen Reihen heiraten. Was können wir antworten?“
- Eine adoptierte Frau aus Klagenfurt trauert um ihre Mutter. Ihr wird gesagt „Aber das war doch gar nicht deine echte Mutter, die gestorben ist, oder?“ Die Frau schreibt „Ich war so verletzt, ich wusste nicht, was ich sagen sollte.“
- Eine Deutsche mit vietnamesischen Wurzeln wird oft von ihren Freund*innen gefragt „Was denken Asiat*innen darüber?“
Sag was!
Unser Freundeskreis ist unsere Wohlfühlzone. Hier lassen wir unsere Schutzschilde fallen und können einfach wir selber sein. Lockere Gespräche sind die Hauptstütze dieser Beziehungen. Aber wenn Vorurteile dazwischen funken, werden die Beziehungen merklich belastet. Wie kann man die Freundschaft wieder kitten?
Betrachte deine Freund*innen als Verbündete. Wenn im Freundeskreis schmerzliche Kommentare gemacht werden oder beleidigende Fragen gestellt werden, mag die einfachste Reaktion sein, dicht zu machen und sich zurückzuziehen. Doch denk daran – es gibt einen Grund, warum diese Menschen mit dir in Freundschaft verbunden sind: es gibt etwas Besonderes, das euch zusammen gebracht hat. Stütze dich auf dieses Band, und erkläre, wie dich der Kommentar getroffen hat.
Inspirationen
Antworte mit Stille. Wenn im Freundeskreis Fragen gestellt werden, die schmerzen, lasse eine ausgedehnte Stille die Arbeit für dich machen. Sage gar nichts und warte bis die sprechende Person eine offene Frage stellt wie „Was ist los?“. Dann beschreibe den Kommentar aus deiner Sicht.
Sprich über Unterschiede und Vielfalt. Wenn wir Freundschaften über Gruppengrenzen hinaus haben, sollten wir uns auf Gemeinsamkeiten fokussieren, nicht auf unsere Unterschiede. Versuche, im Gespräch zu bleiben: „Wir sind seit Jahren befreundet, und unsere Freundschaft ist sehr wertvoll für mich. Etwas, worüber wir nie gesprochen haben, sind meine Erfahrungen mit Rassismus. Ich würde gerne jetzt mit dir darüber sprechen.“
Neues lernen. Fragt die Freund*innen wertfrei, wann sie das letzte Mal von einer Person direkt gehört haben, dass ein verliebtes Paar sich getrennt hat, weil die Eltern das wollten. Fragt weiter, ob die Freund*innen bereit sind, etwas Neues zu lernen. Dann geht behutsam auf die zugrunde liegenden Vorurteile zu Ethnie, Religion etc. ein.
„Vorurteile werden meist aus Gewohnheit angewendet. Deshalb ist es so wichtig, sich im Alltag die eigene automatische Voreingenommenheit bewusst zu machen und immer nach Wegen zu suchen, diese zu kontrollieren.“
Prof. Dr. Konrad Schnabel, IPU Berlin, Differentielle Psychologie und Diagnostik
Was sage ich in Nachbarschaft, Verein oder Ehrenamt?
Erlebnisse
- Ein Paar in Berlin lernt zwei Neue in der Nachbarschaft kurz nach deren Einzug kennen. Die Neuen beginnen das Gespräch mit „Sie sind sicher froh, dass keine Türken eingezogen sind.“
- Ein Paar aus Lausanne verkauft sein Haus in einer rein weißen Nachbarschaft an eine indische Familie. Eine Nachbarin konfrontiert sie ärgerlich und fragt, warum sie ihr Haus an Ausländer verkauft haben.
- Maren schreibt: Wenn ich auf meiner Mailingliste Fragen beantworte, kommen immer wieder abwertende Reaktionen. Ich habe mal meine E-Mail umgestellt und als „Jürgen G.“ geantwortet – da wurden meine Antworten angenommen.
Sag was!
Nachbarschaft, Verein, Ehrenamt – mit diesen Menschen haben wir häufiger zu tun, gleich ob wir mit ihnen befreundet sind oder nicht. Wir treffen einander auf dem Flur oder auf dem Weg zur Haltestelle. Wir haben ein gemeinsames Interessengebiet und sind doch so verschieden. Kontakte ergeben sich, vielleicht muss man sich abstimmen. Manchmal zeigen oberflächliche Gespräche tiefliegende Vorurteile. Was kannst du tun, um diese Vorurteile zu stoppen und dabei den Frieden zu bewahren?
In diesem Umfeld liegt eine sehr, sehr große Chance: Das Vielfaltsbarometer der Robert Bosch Stiftung fand 2019 heraus, dass die Nachbarschaft (und wahrscheinlich ebenso Vereine und Ehrenamt) ein guter Ort ist, „an dem Menschen, die Vielfalt nur in einem geringen Maß akzeptieren, einen konstruktiven Umgang mit ihr erlenen können.“
Inspirationen
Setze Grenzen. „Wir teilen Ihre Sichtweise nicht.“ „Ich verstehe, dass Sie dieses merkwürdige Erlebnis aufwühlt. Mit Ihrer Pauschalierung, alle Ausländer wären als Mieter ungeeignet, tun Sie dem Großteil unrecht. Sie kennen doch bestimmt auch Menschen mit fremden Wurzeln, die sich vorbildlich verhalten!“
Weise auf nachbarschaftliche Werte hin. „Wir wissen, dass Sie neu in der Nachbarschaft sind. Hier bei uns sind alle möglichen Arten von Leuten willkommen. Und wir passen alle aufeinander auf.“
Erinnere an das gemeinsame Interesse. Euer Verein hat euch über ein bestimmtes Thema zusammen geführt. Wenn ihr das betrachtet, was euch verbindet, findet ihr Wege, um die Unterschiede zu überbrücken?
Verweise auf grundlegende Menschlichkeit. Wenn ihr mit Vorurteilen wie „Warum habt ihr euer Haus an solche Leute verkauft?“ konfrontiert werdet, antwortet schlicht „Weil sie Menschen sind. Sie wollten unser Haus kaufen, sie können unser Haus kaufen.“
Suche Verbündete in der Nachbarschaft. Wenn du selbst Zielscheibe von herabsetzendem Verhalten geworden bist und Angst um dein Leben hast, lass dies ein paar Wohlgesonnene wissen; bitte sie, Augen und Ohren für dich offen zu halten. Oder prüfe, ob die Polizei Vorschläge hat, die dir helfen können.
Sei ein Vorbild für gutes nachbarschaftliches Verhalten. Heiße die Neuen in der Nachbarschaft willkommen, und sei freundlich zu langjährigen Bewohner*innen. Hilf mit, eine Nachbarschaft zu etablieren, die Werte wie Verbundenheit betont; und Ausgrenzung und Vorurteile strikt verbannt.
Was tue ich bei unerwünschten E-Mails?
Erlebnisse
- Viele von uns erhalten E-Mails mit unerwünschten „Witzen“, die im Freundschafts- oder Arbeitskreis weitergeleitet werden. Lesben, Schwule, Muslima/e, Katholische, Jüdische, Menschen mit Behinderungen, Menschen aller Ethnien, Blonde und Übergewichtige – Die Art der Ziele dieser „Witz“-E-Mails sind zahllos.
- „Es ist schrecklich.“ schreibt uns ein Mann, der sagt, er habe seine E-Mail Adresse mindestens einmal gewechselt und die neue Adresse nicht an solche Personen gegeben, die oft solche E-Mails schicken.
- Eine Frau aus Luxemburg erzählt: „In meinem internationalen Arbeitsumfeld sind wir sensibilisiert worden, diskriminierende „Witze“ zu vermeiden. Ich kann es mir nur damit erklären, dass eine Kollegin beim Weiterleiten nicht gemerkt hat, dass ihr Programm beim Eintippen meine Adresse statt der gewünschten vorschlug. Ich habe lange überlegt, was ich mache. Wenn ich den offiziellen Weg gehe, droht ihr die fristlose Kündigung.“
Sag Was!
Menschen leiten oft E-Mails weiter, ohne den Inhalt kritisch zu hinterfragen. Mit nur einem Klick kann eine E-Mail an Hunderte von Leuten geschickt werden. Per E-Mail verschickte Vorurteile können von Leuten kommen, die du kennst, oder nicht kennst. Wie kannst du reagieren?
Inspirationen
Stoppe. Leite die E-Mail mit den Vorurteilen selber nicht mehr weiter, schiebe sie in den Papierkorb. Löschen ist zwar nicht dasselbe, wie auf die Beleidigung hinzuweisen, doch es ist ein guter erster Schritt, um die Kette zu unterbrechen.
Antworte an „Von“. Erkläre der versendenden Person, dass dich die E-Mail gekränkt hat. Bitte darum, von der Liste künftiger E-Mails herunter genommen zu werden. Achte darauf, deine Begründung mitzuteilen: dass du die herabsetzende Sprache abstoßend findest, dass diese Art „Witze“ nicht lustig ist und Vorurteile unfair, abwertend und verletzend sind.
Antworte an alle. Drück den „Antworten an alle“ Knopf und teile deine Gedanken mit allen auf der E-Mail Liste. Andere folgen deinem Beispiel womöglich. Stell dir einmal vor, wie kraftvoll die Aktion ist, wenn alle Angeschriebenen auf diese Weise antworten.
Wie gehe ich meine eigenen Vorurteile an?
Erlebnisse
- Ein 55-Jähriger schreibt: „Ich war jung, aber das ist nicht wirklich eine Entschuldigung. Die Zeit damals verbrachte ich meist mit meinen trinkfesten männlichen Kumpels in der Kneipe, und wir rissen die ganze Zeit vulgäre, sexistische ‚Witze‘. Es ist nicht so, dass diese ‚Witze‘ irgendwo okay wären, aber in unserer Gruppe hatte ich mich einfach daran gewöhnt. Ich denke dadurch verlor ich den Maßstab, wie unangemessen sie waren.
Eines Abends bin ich auf einer kleinen Party mit sechs Personen, nicht schick, aber doch schicker als meine Kumpels. Und um ins Gespräch zu kommen, erzähle ich einen dieser ‚Witze‘, einen sexistischen, der bei meinen Kumpels ein paar Tage davor gute Lacher erzielt hatte. Und dann gab es diese riesengroße dröhnende Stille. Ich fühlte mich dumm und besaß nicht genug Vernunft, mich wenigstens sofort zu entschuldigen.
Eine neue Arbeit und weitere Veränderungen rissen mich von meinen Kumpels weg, und seitdem erzähle ich solche ‚Witze‘ nicht mehr, nirgendwo. Nun ist es fast 30 Jahre später, und ich schäme mich noch immer für den schlechten Geschmack, den ich zeigte.“
Sag was!
Eigene Vorurteile im Freundeskreis zuzugeben kann unbequem sein. Lass Beklemmung, Verlegenheit oder Schuldgefühl dich nicht davon abhalten, etwas wieder gut zu machen – und dein Verhalten zu ändern. Freundschaften sind der beste Boden, um Fehltritte zu verzeihen. Freundschaften helfen dir, dich weiter zu entwickeln.
Es ist wichtig, das eigene Verhalten immer mal wieder zwischendurch unter die Lupe zu nehmen. Unser Verhalten spiegelt oft Gewohnheiten, die wir unhinterfragt aus unserer Kindheit und Jugendzeit mitgenommen haben. Halte Ausschau nach Wegen, dir dessen bewußt zu werden.
Inspirationen
Entschuldige dich umgehend. Bewahre dich vor einem lang anhaltenden Schuldgefühl, und entschuldige dich sofort. „Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, das zu erzählen. Es tut mir leid, dass ich diesen geschmacklosen, sexistischen ‚Witz‘ erzählt habe. Ich hoffe, ich habe unseren schönen Abend nicht ruiniert.“
Schreib einen Brief. In dem Moment ist es manchmal schwierig, aufrichtig zu sein. Wenn dir die Worte zu dem Zeitpunkt fehlen, versuch es mit einer handgeschriebenen Karte an die Beteiligten. „Ich bin von der Party voll Scham nach Hause gegangen, ich war zu verlegen, um etwas zu sagen. Es tut mir leid, dass ich diesen geschmacklosen, sexistischen ‚Witz‘ erzählt habe. Bitte akzeptiert meine ehrliche, wenn auch späte, Entschuldigung.“
Biete eine Wiedergutmachung an. „Gibt es irgendetwas, was ich machen kann, um das wieder gut zu machen? Unsere Beziehung ist mir wichtig.“
Wechsel die Perspektive. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine sehr wirksame Möglichkeit, eigene unbewusste Vorurteile zu erkennen und zu reduzieren, darin liegt, gezielt die Perspektive der anderen Seite einzunehmen.
Lerne deine Lektion. Hör auf beleidigende „Witze“ zu erzählen, selbst wenn du wieder mit deinen Leuten abhängst, die diese „Witze“ lustig finden. Die psychologischen, emotionalen und physischen Auswirkungen dieser Kommentare sind real und schwerwiegend. Halte Ausschau nach Witzen, die lustig sind, ohne sexistisch, rassistisch oder sonst wie beleidigend zu sein.
Fange an dein Verhalten zu ändern. Es ist sehr schwierig, das eigene Verhalten zu ändern. Ein erster Schritt könnte sein, in einem solchen Moment zum eigenen Verhalten zu denken „Das ist falsch!“ Wenn du diese Stimme oft gedacht hast, teste ob du bereit für den nächsten Schritt bist: Sprich in dem Moment aus „Mein Verhalten ist falsch. Ich arbeite daran, es zu verändern.“
Vielleicht magst du in anderen Themen stöbern, ob du dort Inspirationen findest, die gut auf deine Situation passen?
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